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Aktuelles zur Staatskunst:

Anforderungen an die Staats- und Verwaltungsmodernisierung von morgen

Beitrag von Arne Schneider

Zum Thema "Staatsreform" hat der Tagesspiegel Background am 9. September 2009 nachstehenden Standpunkt "Missionen starten!" veröffentlicht:


Der Staatssektor muss ständige Selbstreform betreiben, damit öffentliche Aufgaben zeitgemäß wahrgenommen und die öffentlichen Leistungen auch zukünftig wirtschaftlich und sparsam erbracht werden. Sowohl die staatlichen Aufgaben als auch die kommunalen Selbstverwaltungsangelegenheiten sind in der Regel bei den Kommunen konzentriert. Die Menschen wollen schnelle öffentliche Leistungen, die ortsnah oder digital erbracht werden. Die rund 11.000 Städte und Gemeinden sowie Gemeindeverbände bilden deshalb auch das „Filialsystem“ des Staates.


In den vergangenen Jahren haben sich insbesondere die Großstädte zu kostenbewussten und kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen entwickelt. Viele Kommunen haben nicht nur die kaufmännische Buchführung, sondern eine ergebnisorientierte Budgetierung und zielorientierte Steuerung eingeführt. Die Ausrichtung auf klare Ziele, die Konzentration auf die wesentlichen Produkte sowie die Delegation von Ressourcenverantwortung haben Komplexität in der Verwaltung reduziert. 


Diesen evolutionären Schritt der Verwaltungsmodernisierung haben allerdings noch nicht alle öffentlichen Institutionen vollzogen. Viele Behörden wissen noch immer viel zu wenig über ihre Kosten und fast nichts über die Wirkung ihrer Leistungen. Die flächendeckende Harmonisierung einer nachhaltigen und generationengerechten Haushaltsführung auf Basis der Doppik auf allen staatlichen Ebenen steht weiterhin aus. Hamburg ist bisher das einzige Land, das sowohl eine doppische Haushaltsrechnung als auch Haushaltsplanung aufweist und die Leistungen der Verwaltung in Form von Produkten an den Leistungszwecken ausrichtet. 



Wenn wir den Staat und seine Verwaltung modernisieren, dann sollten wir uns auf die Ergebnisse der öffentlichen Leistungserbringung konzentrieren und darauf, dass wir das Leben der Bürgerinnen und Bürger tatsächlich verbessern. Dazu müssen wir uns immer wieder die Fragen stellen:

  • Wie verändert sich die Gesellschaft?
  • Welche Veränderungen soll es bei den Zielgruppen geben?
  • Welche Leistungen bieten wir dafür an?
  • Wie erstellen wir unsere Leistungen?
  • Welche Ressourcen setzen wir ein?


Um die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich bewältigen zu können, ist es entscheidend, dass alle staatlichen Ebenen und Verwaltungsorganisationen an gemeinsamen Zukunftsmissionen arbeiten. Mit den Sustainable Development Goals haben wir schon eine gemeinsame Zielrichtung. Um bessere staatliche Leistungen für die Menschen zu erbringen, benötigen wir aber einen missionsorientierten Steuerungsansatz, an dem sich alle Akteure ausrichten und an denen akteursübergreifend zusammengearbeitet wird.


Auf der Basis von Zielen selbst zu entscheiden, macht die Verwaltung leistungsfähiger und schneller. Deshalb hat eine Vielzahl der Kommunen Elemente ergebnisorientierter Budgetierung eingeführt. Damit lässt sich der notwendige Managementspielraum ebenso erhöhen, wie die Transparenz über die Leistungserbringung. Einer erfolgreichen Budgetierung dienen insbesondere die Verknüpfung von politischen Vorgaben und strategischen Zielen mit der operativen Planung und Steuerung, die Koppelung von Budgets mit Wirkungszielen sowie der Einsatz eines adressatengerechten Berichtswesens.


Konkret geht es darum, wie das Angebot an öffentlichen Leistungen am effizientesten und effektivsten auf die Bedarfe der Einwohnerinnen und Einwohner ausgerichtet werden kann. Erforderlich sind heutzutage standardisierte und medienbruchfreie Verwaltungsprozesse auf dessen Basis den Bürgerinnen und Bürger digital oder vor Ort bessere Leistungen angeboten werden. Dazu müssen insbesondere Verwaltungsvorschriften und Verordnungen prozessorientiert abgefasst und die Potentiale der Digitalisierung so gut wie möglich ausgeschöpft werden. 


Sicherlich bietet der Einsatz von Künstlicher Intelligenz auch große Chancen für die Verwaltung. Viel wichtiger ist es aber zunächst, dass elektronische Akten und elektronische Workflows flächendeckend eingeführt sind. Nur dann kann die Digitalisierung der Verwaltung akteursübergreifend gelingen. Wir müssen nicht die Aufgaben neu sortieren, sondern dafür sorgen, dass die Prozesse digital funktionieren und die Leistungen dort angeboten werden, wo sie von den Bürgerinnen und Bürgern nachgefragt werden. Wir müssen dabei auch an die Menschen denken, die auf die persönliche Beratung und Begleitung bei Verwaltungsangelegenheiten vor Ort angewiesen sind.


Zu einer missionsorientierten Steuerung gehört, die Frage zu beantworten, wie die notwendigen Ziele mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen erreicht werden können. Dazu müssen die vorhandenen Budgets entsprechend strukturiert werden. Um die Ressourcen auf die Zukunftsmissionen auszurichten, gilt es auch zu entscheiden, auf welche Maßnahmen verzichtet werden kann, weil sie nicht mehr oder mitt­lerweile weniger gut geeignet sind als andere, die strategischen Ziele zu erreichen. Am Ende gehören zu einem leistungsfähigen Staat zukunftsfähige Fiskalregeln, die die nachhaltige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sichern.



(09.09.2021 - Tagesspiegel Background, Missionen starten!)

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